Am Puls der Zeit bewegen wir uns auch bei Fragen rund um das Thema New Work.
Mit dem Feedback ist es so eine Sache. Rückmeldungen können aufbauen, ermutigen und
anspornen, gleichzeitig aber auch im Unklaren lassen, sich unfair anfühlen oder unerwartet –
wie aus dem Nichts – über einen hereinprasseln. Unser Blickfeld richtet sich nach vorne und
unsere Ohren stehen seitlich vom Kopf ab! In unserer Wahrnehmung bleibt dabei ein weißer
Fleck zurück: nämlich wir selbst. Was auffällt, ist eher das verbliebene Haar in der
Duschtasse (des anderen), als das nicht verbrauchte Stückchen Käse im Kühlschrank (von
uns selber). Für das Zusammenleben und -arbeiten in Organisationen ergeben sich daraus
spannende Fragen. Was braucht es eigentlich für “gutes” Feedback? Und wie wird
Feedback in deutschen Unternehmen heute gelebt?
Umfragedaten deuten darauf hin, dass sich Mitarbeiter*Innen in Deutschland prinzipiell mehr
konstruktives Feedback und Anerkennung im Unternehmen wünschen. Gleichzeitig gelten
ritualisierte Mitarbeitergespräche, bei denen standardisierte Fragebögen abgearbeitet
werden, als unbeliebt, mitunter auch als wenig authentisch. Beide Seiten – Feedback-Geber
und Feedback-Nehmer – verbinden den Anlass mit Stress. Niemand mag das Gefühl,
kontrolliert zu werden, und viele Vorgesetzte möchten nicht negativ bewerten, wenn dies mit
negativen Konsequenzen für den Mitarbeiter (und womöglich für das zukünftige
Arbeitsverhältnis) verbunden ist.
In der HR- und Management-Literatur finden sich eine Vielzahl an praktischen Tipps und
Leitfäden, wie gutes Feedback gelingen soll. Die Idee ist, dass niederschwellige,
regelmäßige Gelegenheiten eine Kultur der Rückmeldungen, größere Motivation und mehr
Effizienz bewirken. Unter den Schlagworten findet sich u.a. “radical candor” (“say what you
mean without being mean” – Sag deine Meinung, ohne gemein zu sein). Die
zugrundeliegende Annahme scheint stets zu sein, dass Bewertungen und Rückmeldungen
motivieren. Dabei, finden wir, bleiben die meisten Ratgeber an entscheidenden Stellen
etwas vage. Deshalb wollen wir uns Feedback heute etwas näher ansehen.
Der neuseeländischen Erziehungswissenschaftler John Hattie, der sich intensiv mit
erfolgreichem Lernen und persönlichem Wachstum befasst hat, sei lange Zeit einem
Missverständnis aufgesessen, sagt er, dass Feedback nämlich z.B. vom Lehrer zum Schüler
fließe, oder von der Abteilungsleiterin zum Junior-Angestellten – in eine Richtung. Dabei,
erkannte Hattie später, sollte immer auch die Frage mitbedacht werden, wie Feedback beim
Gegenüber ankommt, also wie jemand die Welt versteht, was bekannt ist, wo Probleme
erlebt werden, was anödet – denn nur dieses Verständnis vorausgesetzt, ließe sich gutes
Feedback unter Kolleg*Innen formulieren.
Für Hattie beantwortet gutes Feedback im Idealfall drei Fragen:
Wohin bewege ich mich (in Bezug auf Ziele und klare Erfolgskriterien)?
Wie geht es voran (in Bezug auf das Ziel)?
Wohin geht es als Nächstes?
Feedback schließt eine Lücke hinsichtlich dieser Fragen. Abgesehen von den drei Fragen
und abgesehen davon, dass Feedback nicht nur in eine Richtung fließen darf, sollte sich
Feedback außerdem nicht nur mit dem Ergebnis gelieferter Arbeit oder einem Produkt
befassen. Ebenso wichtig ist die Unterstützung bei den Prozessen und Strategien, die als
Schritte in die Fertigung geflossen sind. Wie kann eine Rückmeldung einen Schubs geben
und uns helfen, weiterzukommen? Welche Mittel, Infos und Instrumente wären bei der
Bewältigung der nächsten Aufgabenstellungen hilfreich?
Hattie geht noch weiter, was Feedback und Selbstwirksamkeit anbelangt: Wenn etwas mal
schief läuft, lag es an uns? Und wird es für immer schief laufen (dann wäre es sinnlos, etwas
weiter zu versuchen und sich weiter anzustrengen, also umsonst)? Hier kann Feedback zu
neuen Perspektiven führen, wenn es darum geht aufzuzeigen, inwiefern konkrete Dinge, die
in der Vergangenheit ursächlich für Probleme waren, sich durch bewusstes Handeln, das in
unserem Einflussbereich liegt, bei den nächsten Projekten ändern lassen. Sich nach einer Rückmeldung mehr zutrauen wollen, plötzlich neue Möglichkeiten zu sehen
oder das eigene Potential deutlicher zu spüren – das ist viel Wert.
Feedback ist also mehr als ein Flipchart, auf dem man Brainstorming macht, was gut und
was weniger gut läuft, und Feedback ist mehr als eine Bewertung auf einem Fragebogen,
aus dem sich mehr oder weniger konstruktive Gespräche ergeben. Feedback ist viel mehr
als ein: „Gut gemacht, weiter so” mit einem Klopfer auf die Schulter. Es geht um das Wie,
nicht um die Menge, und die Qualität der zugrunde liegenden Beziehung, das Vertrauen,
Wertschätzung und Gegenseitigkeit beinhaltet. Wir glauben deshalb an eine Fehlerkultur, in der jeder Platz und Freiheit bekommt, um zu
wachsen und sich auszudrücken. Wir holen uns Unterstützung, wenn sie gebraucht wird und
verstehen das als eine Stärke. Oft gelingt uns das gut – und zu verbessern gibt es immer
etwas. Bis dahin bleiben wir offen für Ihre Rückmeldung!