Warum es für Deutschlands Digitalisierung mehr als IT braucht

Eine repräsentative Umfrage, die anlässlich des Digitaltags 2024 veröffentlicht wurde, belegt, was viele von sich selbst oder aus dem Bekanntenkreis bereits wussten: Digitalisierung – trotz aller damit verbundener Versprechen – kann überfordern. Das geben vier von zehn der Befragten an, in der Gruppe der 16- bis 29-Jährigen sind es immer noch 28 Prozent, die sich mit Anwendungen unsicher fühlen oder angeben, dass ihnen technisches Wissen fehlt. In dieses Bild passt, dass 25 Prozent der deutschen Unternehmen “häufig oder sehr häufig” Dokumente per Faxgerät versenden.  

In Deutschland, das ist bekannt, wird beim Thema Digitalisierung mehr reagiert als angeführt. Anstrengungen, aus dem europäischen Mittelfeld auszubrechen, wirken insgesamt zaghaft oder punktuell. Abzulesen ist das in ganz unterschiedlichen Bereichen, sei es der flächendeckende Ausbau des Glasfasernetzes (schon, aber schleppend), Nutzung und Einsatz digitaler Schlüsseltechnologien wie Cloud Computing Oder Big Data (branchenübergreifend beim Großteil kein Thema).

IT Stellen sind oft schwer zu besetzen (Fachkräftemangel) und deutsche Schulen leiden zum Teil unter ganz anderen Problemen, als dass sie nicht über genug Informatik-Lehrer verfügen. 

Es ist nicht so, dass politisch nichts passiert – Mit dem geplanten Onlinezugangsgesetz soll die Bundesverwaltung digitaler werden, Visaverfahren für Fachkräfte wurden beschleunigt und mit dem beschlossenen Wachstumschancengesetz kommt die Digitalisierung im deutschen Rechnungswesen (B2B ) an. Aber die Frage nach Tempo und Entschlossenheit beim großen, digitalen Gesamtbild ist berechtigt. 

Egal, ob man das Glas halbvoll oder halbleer sieht – die eingangs erwähnten Gefühle der Verunsicherung im alltäglichen Umgang mit digitalen Technologien bestehen trotzdem  – und könnten auch ein Grund für das schleppende Tempo bei der Transformation sein. Dass Veränderung und die Art, wie sie gestaltet wird, Gefühle von Unsicherheit hervorrufen können, ist menschlich. Zwischen dem Unbekannten und dem Vertrauten entscheiden sich viele für Letzteres. Gerade deshalb darf sich digitale Veränderung nicht nur auf Infrastruktur, Technik und IT-Fachkräfte beschränken, vielmehr geht es auch um Soft Skills: Kommunikation, Support und Empathie. Es werden ja auch in der nahen Zukunft Dienstleistungen von und für Menschen erbracht werden, bzw. Menschen mit Maschinen in der Produktion zusammenarbeiten. Digitalisierung heißt nicht, dass alle Programmierer werden sollen. Vielmehr geht es darum, herauszufinden, welche Rolle die neue Technik in bestehenden Tätigkeiten spielen kann, welche Kompetenzen erlernt werden müssen – und beides am Besten, indem man Praktikern gut zuhört und sie als Experten ihrer Bereichstätigkeit begreift. Dazu gehört auch die Möglichkeit von Feedback, wenn es mit neuen Anwendungen anfangs nicht gut läuft. So kann Vertrauen wachsen und Schwung in den gesellschaftlichen Veränderungsprozess kommen. Dazu braucht es Dialog und Austausch – und sei es über das Faxgerät. 

 

Bleiben Sie aktuell und folgen Sie uns auf →  LinkedIn 

Loading...